Die Aufzucht vom Ferkel bis zum Mastschwein

Von Astrid Seidel, Vermarktungsgemeinschaft für Zucht- und Nutzvieh ZNVG eG Neumünster/Schleswig-Holstein:

Die Ferkelerzeuger kaufen ihre Zuchtsauen bei einem Betrieb, der sich auf die Schweinezucht spezialisiert hat. Die Jungsauen werden in einem Alter von ca. 240 Tagen (ca. 8 Monate) das erste Mal belegt.

Nachdem die Sau künstlich besamt wurde, trägt sie 3 Monate, 3 Wochen und 3 Tage bis die Ferkel zu Welt kommen. 

Bis zur Geburt der Ferkel darf die Sau frei herumlaufen. Erst kurz vor Geburt wird sie zur eigenen Sicherheit und zur Sicherheit der neugeborenen Ferkel in eine eigene Bucht, den sogenannten „Kastenstand“ gebracht. Dort hat sie ihre Ruhe. So kann es auch nicht passieren, dass die Sau sich auf die Ferkel legt und diese im schlimmsten Fall erdrücken könnte.

Die männlichen Ferkel werden in der 1. Lebenswoche unter Vollnarkose kastriert. 
Einige Betriebe kürzen die Schwänze aller Ferkel, um Verletzungen vorzubeugen. Dieses Kürzen wird voraussichtlich in naher Zukunft jedoch nicht mehr erlaubt sein. 

Neben der Sauenmilch bekommen die kleinen Ferkel spezielles Ferkelfutter, damit sie sich langsam an feste Nahrung gewöhnen. 
Die Ferkel bleiben ca. 4 Wochen bei der Mutter bis sie mit ihren Geschwistern in einen anderen Stall umziehen, dort werden sie dann aufgezogen und an ein anderes Futter gewöhnt. 

In der sogenannten Ferkelaufzucht bleiben die Ferkel dann ca. 7-8 Wochen bevor sie an einen anderen Betrieb geliefert werden. Im Normalfall wiegen die Ferkel jetzt ca. 28 -30 kg.

Der Betrieb, der die Ferkel aufgezogen hat, wendet sich an seine Vermarktungsorganisation und meldet die Stückzahl der Ferkel, die er verkaufen möchte. 
Der Vermarkter findet einen passenden Mastbetrieb, der diese Ferkel bis zur Schlachtreife mästet. In den meisten Fällen liefert der Ferkelerzeuger immer an den gleichen Mäster. 
Der Vermarkter beauftragt eine Spedition. Die Tiere werden mit modernen Fahrzeugen transportiert, um eine stressfreie und tierschutzgerechte Fahrt zu gewährleisten. 

Der Vermarkter erstellt dem Lieferanten eine Gutschrift und bezahlt die Tiere, dem Abnehmer werden die Tiere berechnet, der Mäster bezahlt die Rechnung direkt an den Vermarkter. Die Speditionsgutschrift wird ebenfalls von der Vermarktung vorgenommen.

Nach 3- 4 Monaten haben die Mastschweine das Gewicht erreicht, dass sie geschlachtet werden können. Im Regelfall wiegen die Tiere dann 120 – 125 kg.
Der Mäster wendet sich an seine Vermarktungsorganisation, die die Tiere an den Schlachthof verkauft. Oftmals werden die Schweine in sogenannte „Programme“ des Lebensmitteileinzelhandels vermarktet, wie z.B. das „Gutfleisch-Programm“ der EDEKA-Nord.  Der Mäster verpflichtet sich vertraglich, alle seine Mastschweine in das Programm zu liefern.

Der Vermarkter organisiert auch hier den Transport der Tiere mit modernen Fahrzeugen, um eine stressfreie und tierschutzgerechte Fahrt zum Schlachthof zu gewährleisten.  

Auch in diesem Falle wird die gesamte Abwicklung nebst Zahlungsverkehr von der Vermarktungsorganisation übernommen. Die landwirtschaftlichen Betriebe haben mit der Abwicklung keine Arbeit.

Markt und Gesellschaft

Die Ferkelerzeuger wie auch die Mäster haben mit den Herausforderungen des Marktes und der Gesellschaft zu kämpfen. Zum einen sind die steigenden Produktionskosten sowie die ständig schwankenden Marktpreise ein Problem. Weiterhin zwingt das fehlende Personal die Betriebe zur Aufgabe. Der Erzeuger weiß nicht, was er für die Ferkel, die heute geboren werden, für einen Preis erzielen wird. Das gleiche gilt für den Mastbetrieb. Beim Einstallen der Ferkel ist der Preis für die Mastschweine, die in 3-4 Monaten geschlachtet werden, nicht bekannt, welches für beide Betriebsarten ein hohes finanzielles Risiko bedeutet. 

Leider ist in vielen Köpfen der Bevölkerung das Bild der „grausamen Massentierhaltung“ verankert. Auch mit dieser Verurteilung haben die Betriebe ihre Sorgen. Die Betriebe leben von ihren Tieren, somit ist jedem Landwirt daran gelegen, dass die Tiere gesund und munter unter den besten Bedingungen groß werden. Umfragen ergeben immer wieder, dass die Gesellschaft mehr Tierwohl möchte, was alle Beteiligten begrüßen. Dieser Mehraufwand bedeutet für die Betriebe finanzielle Ausgaben, die leider nicht jeder Verbraucher bereit ist zu bezahlen.

Strukturwandel und seine Folgen

Aufgrund des anhaltenden Strukturwandels sinkt die Zahl der schweinehaltenden Betriebe nun seit 5 Jahren in Folge. Im Vergleich 2023 zu 2022 (Viehzählung Mai 2023) haben 1.900 Betriebe oder 10,8% die Produktion eingestellt. Im Zehnjahresvergleich ist die Zahl sogar um 43,4 % gesunken. Noch nie wurden seit der deutschen Vereinigung so wenig Schweine gehalten wie heute. 

Das sinkende Angebot im Schweinefleischbereich wird zur Folge haben, dass der Selbstversorgungsgrad in Deutschland weiter auf dem Rückzug ist. In Folge dessen wird Deutschland auf Importe angewiesen sein und macht sich somit abhängig vom Ausland.

In Teilen der Welt wie z.B. in China mit ihren „Schweinehochhäusern“ wird das Tierwohl nicht so großgeschrieben wie in Deutschland.

In Deutschland wird viel Wert auf das Tierwohl gelegt. Es erfolgen Kontrollen, angemeldete und spontane Audits, um die Haltung der Tiere und die Vorgaben zu kontrollieren.

 

Haltungsformen

In der Ferkel-/Schweinehaltung werden 5 Haltungsformen unterschieden:

Haltungsform 1: Stallhaltung, (Qualität & Sicherheit (Q&S) anerkannt)

Um es den Ferkeln und Schweinen im Stall so tiergerecht wie möglich zu machen und damit sie gesund aufwachsen, haben sich fast alle Schweinehalter in Deutschland dazu entschieden, am System Q & S (Qualität & Sicherheit) freiwillig teilzunehmen. Die Landwirte werden regelmäßig von Q & S kontrolliert. 

Dieses System überwacht die gesetzlichen Vorgaben wie z.B. das Einhalten des vorgeschriebenen Platzbedarfs oder das Vorhandensein von Spielmaterial.

Das Futter muss von Q&S zugelassen und anerkannt sein.

Haltungsform 2: Stallhaltung plus Platz, Initiative Tierwohl (ITW)

Viele Tierhalter sind noch einen Schritt weiter gegangen und nehmen an der Initiative Tierwohl (ITW) teil. Das bedeutet noch höhere Auflagen für den Landwirten: die Tiere haben z.B. 10% mehr Platz zur Verfügung als der Gesetzgeber fordert. Eine weitere höhere Auflage ist, dass den Tieren zusätzlich Raufutter zur Verfügung steht.

Das Futter muss von Q&S zugelassen und anerkannt sein. Auch hier werden zusätzliche Kontrollen auf den Höfen durchgeführt.

Auch hier gilt: Je größer das Schwein wird, desto mehr Platz steht zur Verfügung. 

Haltungsform 3: Frischluftstall

Die Landwirte, die an diese Haltungsform anwenden, geben ihren Tieren noch mehr Platz als die vorigen Haltungsstufen, nämlich 40% mehr Platz, als das Gesetz es fordert. Außerdem leben die Tiere in einem sogenannten Offenfrontstall, d.h. dass eine Seite offen ist.

Das Futter muss von Q&S zugelassen und anerkannt sein. Auch hier werden zusätzliche Kontrollen auf den Höfen durchgeführt.

Haltungsform 4: Auslauf/Weide

Die Tiere in dieser Haltungsform haben ständigen Zugang zum Auslauf oder leben in der Freilandhaltung. Sie haben den meisten Platz, das heißt, sie haben 100% mehr Platz (also doppelt so viel Platz) als die gesetzlichen Vorschriften.
Als Beschäftigung dient Stroh oder vergleichbares Material.

Das Futter muss frei von Gentechnik sein. Mindestens 20% des eingesetzten Futters muss der Landwirt selbst erzeugt haben bzw. aus der Region zugekauft haben. Auch diese Haltungsform wird streng überwacht und mit zusätzlichen Betriebsbesuchen kontrolliert.

Haltungsform 5: Bio

Diese Haltungsform ähnelt beim Platzbedarf und in den Haltungsanforderungen der Haltungsform 4, ist jedoch die anspruchsreichste aller Haltungsstufen mit den höchsten Auflagen. Der Betrieb muss nach EU-Öko Verordnung zertifiziert oder gemäß den Anforderungen der ökologischen Anbauverbände, die einen höheren Qualitätsstandard garantieren als die EU-Öko Verordnung, zertifiziert werden.

Neben Stallhaltung, mit ständigem Zugang zu Auslauf- oder Freilandhaltung muss es im Auslauf Wühlmaterial geben.

Das Futter muss aus ökologischem Anbau (ohne Gentechnik) stammen und mindestens 30% aus eigenem Anbau bzw. aus der Region stammen

Wie alle anderen Haltungsformen wird auch diese regelmäßig durch Bio-Kontrollen überwacht. Auch hier werden zusätzliche Betriebsbesuche durchgeführt.

 

Erläuterung der Haltungsformen in der Schweinemast (Quelle: haltungsform.de)

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Astrid Seidel und Dr. Achim Münster, ZNVG

Weitere Informationen

Astrid Seidel
Vermarktungsgemeinschaft für Zucht- und Nutzvieh ZNVG eG
Rendsburger Str. 178
24537 Neumünster

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